DJ Superstar Mike Candys im Interview
25. Juli 2022Goldene Schallplatten, Top 10 Charts-Hits, über 1000 gespielte Shows – der Schweizer Michael Krull ist seit 2009 mit seinem alias Mike Candys in den angesagtesten Clubs und Festivals weltweit unterwegs. Unverkennbar: Der Smiley-Helm, den Mike zu seinen Auftritten trägt. Yousic hatte die Chance auf ein exklusives Interview mit dem sympathischen Schweizer.
Igor: „Die erste Frage, ganz wichtig, wie geht’s dir denn?“
Mike: *lacht* „Privat, beruflich, was willst du wissen? Mir gehts gut, ich bin vor fünf Monaten Vater geworden, kannst dir ja vorstellen, das verändert schon einiges. Fast eigentlich alles verändert sich da. Habe viele meiner Prioritäten jetzt zwar anders gesetzt, nicht um 180 Grad, aber ja, bestimmte Sachen sieht man jetzt plötzlich anders. Aber im Großen und Ganzen geht’s mir gut, danke.“
Igor: „Du bist seit 19 hundert irgendwas Produzent und DJ, was hat sich für dich in dem ganzen Musikbusiness positiv, bzw. negativ verändert?“
Mike: „Ok, also, ich muss da wohl ein bisschen ausholen. Ich habe vor fast 30 Jahren angefangen zu produzieren und hatte auch vor ungefähr 25 Jahren oder noch länger meinen ersten Release bei einem Label. Einem Schweizer Major Label. Das gibt es mittlerweile auch gar nicht mehr. Ich habe so viele Schritte mitgemacht, weil damals gab es nur Schallplatten und CD’s, kein iTunes. Es war eine Sensation wenn dein Name auf einer CD stand. Dann kam irgendwann iTunes. Dann hieß es „Oh nein, jetzt kommt iTunes“. Dann kam Streaming. Jetzt heißt es „Oh nein, jetzt kommt Streaming, alle Musiker verhungern“. Früher war das so, wenn du was veröffentlichen wolltest, brauchtest du ein Label oder eine Plattenfirma. Es gab kein Internet, es gab gar nichts. Du bist mit der CD zu Fuß bei den Radio-Stationen rein gegangen und fragtest „Könnt ihr das mal spielen“? *lacht*
Ich weiß, das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Da sitzt du in einem Studio, also du hattest da natürlich kein eigenes. Ich musste auch zu jemand anderem in ein großes Studio, weil Laptops gab es ja auch keine. Du konntest keine Tracks kurz auf SoundCloud stellen. Du spielst eine Melodie auf dem Klavier, findest die cool, mietest für tausende von Euro ein Studio um einen Song fertig zu produzieren. Dann schickst du eine Kassette, weil CDs kamen erst später, per Post in einem Briefumschlag an alle Labels, deren Adressen du in einem Telefonbuch rausgeschrieben hattest und wartest. Meistens lag dann nach 2-3 Wochen ein Brief im Briefkasten, in dem drin steht: „Sorry, das klingt scheiße.“ Ok, natürlich nicht direkt so, aber der Standardsatz war: „Es passt nicht in unseren Katalog.“ Dann heißt es 3-Jahres-Plan, 2 Singles, 1 Album mit Option auf ein weiteres Album. Dann bist du zu MTV mit der Kassette, also einer VHS, hingegangen und hast denen gesagt „könntet ihr bitte auch dieses Video spielen“, war also alles Handarbeit von A-Z. Es war viel viel schwieriger in ein Label reinzukommen.
Das hat sich dann mit dem Aufkommen des Internets komplett verändert! iTunes, Beatport, Spotify, SoundCloud, jeder konnte auf einmal seine Musik auf allen Portalen sofort hochladen, ohne eine große Plattenfirma und die ganze Welt kann sich das anhören. Man wird buchstäblich überflutet. Flut, Flut, Flut, man muss heute anders, Social Media, Marketing etc. herausstechen.
Ich sage nicht „früher war alles besser“, nein, ich bin froh, dass es das Internet gibt, das hat vieles erleichtert. Es bringt einem Riesenvorteile. Früher wäre ein Track von nur einer Person, die beim Label sitzt, beurteilt. Wenn die sagte, nein, passt nicht, hattest du den nur noch auf deinem Kassettenrekorder zuhause. Heute hat keiner mehr die Ausrede „ich habe keine Connection, also werde ich nicht berühmt“, haben früher viele gesagt. Klar, Vitamin B, Networking, alles wichtig. Ist heutzutage aber nicht entscheidend.
Lange Rede, kurzer Sinn: Früher hatte es Vorteile, heute hat es Vorteile, ich finde, es ist schwierig zu entscheiden. Sorry für den Monolog, ich hoffe ich konnte deine Frage beantworten.“
Igor: „Wenn man Wikipedia aufschlägt, dich dann sucht, dann findet man die Info, dass du in den 80er Jahren eine Rockband gegründet hast, die „One Note Jam“. Hast du noch Kontakt zu den alten Mitgliedern?“
Mike: „Leider nein, leider nein. *lacht* Das ist echt schade, lass mich mal überlegen, wer da in der Formation war. Wir haben oft gewechselt, der Gitarrist, der war immer bis zum Schluss derselbe. Der Drummer kam irgendwann dazu, am Schluss hatten wir dann auch einen Sänger, der war dann aber weg irgendwann. Habe keinen Kontakt mehr mit denen, aber ein guter Input, danke, muss mal schauen, dass ich die Jungs mal finde.“
Igor: „Warst du der Keyboarder?“
Mike: „Ich war der Keyboarder, ja. Und Songwriter! Mit dem Gitarrist zusammen, immer mit dem Gitarrist.“
Igor: „Wie ist dein Verhältnis zu DJ Antoine?“
Mike: „Kollegial-entspannt, wir stehen uns aber nicht wahnsinnig nahe. Wir haben uns, wenn ich mich recht erinnere, vielleicht einmal maximal an einem privaten Anlass getroffen. Aber wir sind jetzt nicht so, dass wir sagen „hey komm, lass zusammen ein Bier trinken“ oder so. Haben beide wahrscheinlich zu viel zu tun, hat sich wohl einfach nicht ergeben. Früher, vor 7, 8, 9 Jahren, als das ganze Dance aus der Schweiz kam, war es angespannter. Da habe ich für viele DJs Ghostproducing gemacht, da hat man hier und da gehört, dass es Anspannungen gab. Antoine ist seit 15 Jahren unangefochten die Nummer 1 für kommerziellen Dance in der Schweiz. Und dann, vor etwa 12 Jahren kam dann ich. Es gab noch Remady, wir kamen dann zeitgleich. Wir drei waren so die drei Bekanntesten aus der Schweiz. Dann plötzlich ging das Ganze international, dann ging Mike Candys international, ungefähr zur selben Zeit wie DJ Antoine. Frankreich, Österreich, Deutschland, plötzlich waren wir alle da unterwegs. In solchen Zeiten bist du entweder Partner und du arbeitest zusammen, oder du bist eben Konkurrenz. Da war alles wie gesagt etwas angespannter, jetzt aber nicht so, dass wir überhaupt nicht miteinander gesprochen hätten. Selbst wenn es mal vorkommt, dass wir zusammen gebucht werden, ist alles entspannt.
Da gibt es sogar ne kleine Anekdote dazu, bezüglich DJ Antoine und mir, die muss ich kurz erzählen! *lacht* DJ Antoine hat mir Sommer 2017 mitten in meiner Sommertour, als wir beide fix und fertig vom jetten waren, am Flughafen in Barcelona so richtig den Arsch gerettet. Da war irgendein Streik, da waren gefühlt 1000 Leute in der Halle. Ich hätte keine Chance gehabt, ich war sowieso im Stress war, weil ich verspätet vom Gig kam und total zerstört war. Ich würde meinen Flug also niemals erwischen. Aber dann hat Antoine mich durch irgendwelche Kontakte durch die VIP Durchgänge durchgeschleust, dass ich direkt an der Schlange vorbei in den Flieger reinkonnte. Da muss ich sagen- Top DJ Antoine, danke! Fand ich echt super cool, dass er das gemacht hat.
Igor: „Die Frage hatte auch noch einen anderen Hintergrund: Es kamen Gerüchte auf, dass dein Hit „One Night In Ibiza“ eine Antwort auf „Welcome To St. Tropez“ von DJ Antoine war. Stimmt das?“
Mike: „Das stimmt ja, das stimmt! *grinst*
Igor: „Und in welchem Zusammenhang steht das dann?“
Mike: „Ja wie gesagt, das war die Zeit, ich war seit ca. 2 Jahren international bekannt. Ich war in Frankreich unterwegs, dann ist er plötzlich auch in Frankreich in den Clubs aufgetaucht. Da kam auch die Zeit, wo wir beide dann angefangen haben zuzuhören, was macht denn der Andere, wie hört sich das an usw. Dann hab ich eben gesehen, Eurodance, vor 8, 9 Jahren bei DJ Antoine und Timati (russischer Rapper, Anm. d. Red.) kam „Welcome to St. Tropez“ sehr sehr gut an. Alle Anzeichen darauf waren, das wird ein Riesending, soundtechnisch und das Thema. Das war so ein Schnellschuss von mir. Mein Album war zu der Zeit eigentlich schon komplett fertig, stand kurz vor der CD Pressung. Dann sagte mir die Plattenfirma, das sei alles schön und gut was ich da habe. Aber was soll da die erste Single sein, was soll das erste Radio Thema sein? „Insomnia“ war schon in den Charts damals, „Together Again“ war auch schon in den Charts, da war der Hype aber auch schon vorbei und von den neuen Sachen dachte ich „nee, da ist nichts so richtig fürs Radio“. Da dachte ich mir, wenn die „St. Tropez“ Nummer so gut ankommt, dann mache ich eben was Ähnliches. Ich habe mich mit Evelyn (Schweizer Sängerin und Model, Anm. d. Red.) zusammengesetzt und am Anfang aus Spaß gesagt, komm, wir machen irgendwas, was so ähnlich klingt. Haben da ein wenig rumgespielt, sind dann irgendwann bei „One Night In Ibiza“ gelandet. Wir sagten uns „hey, das ist eine legitime Antwort darauf“. Es ist klar, es klingt ähnlich, das Thema ist ähnlich, aber es hat eben die Elemente drin, die ein Mike Candys in seinen Songs drin hat, nicht ein DJ Antoine. Ich bestreite es auch nicht, man nimmt eben eine Ortschaft, wo Party gemacht wird oder irgendeine Stadt oder eine Insel oder was auch immer. Er ist vielleicht in St. Tropez zuhause, ich finde Ibiza sehr cool. Daher machen wir das eben auf Ibiza.“
Igor: „Du hast vorher „Insomnia“ erwähnt. Wie kamst du denn auf die Idee, dass man Songs fast identisch covert und dann trotzdem „wieder“ erfolgreich wird?“
Mike: „Die kam aus der Zeit, als ich viel mit Jack Holiday (Schweizer House DJ & Produzent, Anm. d. Red.) zusammen gearbeitet habe. Er war damals DJ, ich war noch kein DJ, nur Producer oder Ghost Producer. Als er aufgelegt hat, haben wir uns immer überlegt „okay, welche Tracks kommen bei dem Publikum eigentlich immer gut an“? Welche Melodien, welche Breaks? Viele davon kannst du ja heute so nicht mehr spielen. Der Beat danach ist nunmal nicht mehr zeitgemäß. Dann kam nach einem seiner Auftritte die Idee, wir haben ein paar alte Songs gepackt, bei denen die Melodie immer noch funktioniert hat. Wir haben diese dann in einen neuen Sound gesetzt. Als Erstes k
am die „Show Me Love“, eine der Überhymnen, bei denen eben wirklich JEDER mitsingt und mittanzt. „Show Me Love“ hat super funktioniert. Das war dann mindestens 2 Jahre vor „Insomnia“. „Show Me Love“ war dann in allen relevanten Dance und DJ Charts 2006 oder 2007 auf Platz 1. Dann haben wir „Push The Feeling“ umgekrempelt. Danach „Rhythm Is A Dancer“. Dann kam erst Insomnia. Da hatten wir auch Glück, dass die Publisher von „Faithless“ uns nach kurzer Zeit schon das „Okay“ gegeben haben, es zu releasen. Das Prinzip von Mike Candys und Jack Holiday ist ja heute immer noch so, wir nehmen uns einen Klassiker den alle mögen und packen den in den modernen Clubsound. Der Break klingt dann immer wie das Original, also mehr oder weniger 1 zu 1. Drop ist dann kommerziell. Da stehen wir auch dazu. So werden wir auch weiter machen.“
Igor: „Wer sind denn gerade in der House/EDM Szene deine Favourite Producer und DJ’s?“
Mike: „Puh, DJ’s ist schwierig für mich zu sagen, weil ich bin so viel unterwegs, ich sehe so selten Live-Shows von anderen DJs. Wenn dann nur Videos, aber auf den Videos ist ja jeder 10 Sekunden voll im Eskalationsmodus, Pyro hier, „Hands Up“ da, „OMG, INCREDIBLE, ich drehe durch, beste Show ever“, weiß man nicht, wenn man es live sieht ob das alles wirklich so geil und eskalativ ist. Vielleicht ja, verlassen tu ich mich auf diese Videos aber nicht. Ich schreibe auch nie hin, dass hier oder da mein krassester Gig ever war. Deswegen kann ich leider nicht sagen, hier, das ist ein krasser DJ oder das ist ein krasser DJ- kann ich nicht sagen. Was ich so Veranstalter-technisch höre, Timmy Trumpet macht eine super Show, ist aber auch viel Social Media dabei. Habe ihn zwar nie gesehen, aber das wird eben erzählt.
Produktionstechnisch weiß man leider auch nicht, ob der/diejenige es auch selber macht (lacht), ich erschrecke immer wieder. Da spielst du irgendeinen Track und denkst dir „juch, wie hat denn der das hinbekommen“… und drei Monate später hörst du, dass er den Track nicht selber produziert hat. Das ist einfach scheisse. Ich habe nichts gegen Ghostproducing, das ist alles völlig legitim. Aber wenn du einen neuen Act aufbaust, der sich mit einem neuen Sound etabliert, z.B. Fisher (Fishers Hit „Losing It“ war der mistgespielte Track auf dem Tomorrowland Festival, Anm. d. Red.) , ich weiß jetzt nicht ob er selber produziert. Ich habe gelesen, dass es bestätigt wurde, dass er nicht selber produziert. Plötzlich kommt eine neue Tech-House Nummer, alle kommerziellen DJs spielen das, die Leute wünschen sich das, richtig geile Nummer! Und dann das! Es tut mir leid, ich habe dann keinen Respekt mehr. Auch wenn er super geil auflegt, kann ja alles sein. Wenn der das aber nicht selber macht, was ist es dann? Dann kannst du und ich dasselbe Set auch spielen und es ist kein Unterschied.
Aber, das waren nur negative Beispiele. Positives Beispiel, wo ich hoffe, dass er es selber gemacht hat… da gehe ich selber auch davon aus… das ist Curbi. Weisst du ob er das selber macht?“
Igor: *Schulterzucken*
Mike: „Aaaah, siehst du, heutzutage weiss man es nunmal nie! Man weiß es nicht! Ich denke bei ihm kommt es aber von ihm selber aus. Von der ganzen Art usw, ich glaube das passt. Ich finde es geil was er macht. Es ist frisch, trotz dass es nicht wirklich neu ist. Vieles ist super gut produziert, seine Sachen klingen fett und auf den Punkt, gut gemischt, super Sounds, ich finde es geil was er macht.
Igor: „Ich persönlich bin großer Bigroom-House Fan…“
Mike: „Ich weiß“ *lacht*
Igor: „Ja, man merkts“ *lacht* „Was ist deine persönliche Meinung zu Bigroom an sich?“
Mike: „Aktuell finde ich, das Thema ist echt durch. Klar, es gibt immer wieder Tracks, bei denen du denkst „Jo, der knallt ganz gut“ oder „Die Melodie ist ganz cool“. Ich spiele das zwar auch. In den Clubs geht es aber gar nicht mehr. Festivals gehen. Da spiele ich das auch. Aber jetzt im Moment müsste einfach was neues kommen. Irgend ein Element, irgendeine Percussion, irgendwas muss das ganze auf einen anderen Level heben. Zurzeit klingen alle Produktionen 1 zu 1 wie vor 5-6 Jahren. Da ist nichts passiert. Immer noch dieselbe Kick, immer noch derselbe Lead, immer noch „everybody fucking jump“ zum 500000en Mal, ist das euer Ernst? Ist leider aber in verschiedenen Genren so, Progressive House leider auch. Ist schön für Freaks und Fans, ist auch völlig legitim. Leider
finde ich Bigroom aber momentan das schwächste Genre für die kommerziellen Leute. Vor allem in den Clubs.“
Igor: „Thema Festivals und „Saufen“. Ich selber bin Nicht-Trinker. Was hälst du von übermäßigem Alkohol und Drogen Konsum nicht von der Besucherseite aus, sondern von den DJs? Viele DJs kommen zu einem Gig an, die erste Frage die dann von ihnen kommt ist: „Hast du n bisschen Speed oder Koks da?“
Mike: „Schwierig zu sagen. Auf der einen Seite sage ich: Es ist mir so egal, ob sich irgendjemand, sei er DJ oder was auch immer, sich sonst was reinpfeift. Ist mir völlig egal. Solange er a) den Job für den er gebucht wurde, richtig macht und b) mir nicht nebenher eine Schlägerei anfängt oder so. Dann ist mir das wirklich scheiss egal. Ich habe nie in meinem Leben Drogen genommen, schlicht aus Angst wie mein Körper reagiert. Ich mag das nicht, wenn ich meinen Körper nicht unter Kontrolle habe. Ist mir mit Alkohol vielleicht 2 Mal passiert, war auch nicht so prickelnd. Ich weiss nicht, ob die Veranstalter das auch wissen von mir, mir wurde bisher aber auch ganz ganz selten überhaupt irgendwas angeboten. Wirklich sehr selten. Ich habe glaube ich schon an die 1000 Shows gespielt, auf der ganzen Welt und ich glaube da war wirklich nur 2 oder 3 Mal wo ein Veranstalter gefragt hat, ob ich irgendetwas will. Meine Antwort war natürlich nein, nehm ich nicht. Wenn es jemand unbedingt braucht, soll er machen, mir egal. Wenn DJs sturzbetrunken irgendwo aufkreuzen, tut mir eher der Veranstalter leid. Der muss diese Leute dann betreuen. Habe ich am Rand bisher so miterlebt. Ich gebe zu, ich war auch mal sehr betrunken und bestimmt unausstehlich, kann ich mir gut vorstellen. Auf der anderen Seite verstehe ich das, wenn du ein bestimmtes Level erreichst als DJ, insbesondere die ganze Reiserei, der ganze Stress und du musst abliefern vor 20000 Leuten. Viele sagen sich da, ok, dann mach ich mir den Abend selber schön, trinke halt einen mehr, dann hab ich wenigstens bessere Laune. Ich persönlich trinke um ein wenig lockerer zu werden. Wenn ich komplett nüchtern spiele, ist das eine Katastrophe. Ich stehe dann einfach da, schaue mich um und habe jedes mal die Gedanken: Oh nein, ich verkacke den Übergang, oh nein, der Song zieht nicht usw. Wenn ich bisschen Alkohol getrunken habe, dann feiere ich, bin lockerer und dann gehts.“
Igor: „Die nächste Frage ist eine eher persönliche. Ich habe dich nun oft privat getroffen, du hast mich auch mal einfach zu dir nach Hause eingeladen, wie schaffst du es trotz deines großen Erfolges so bodenständig zu bleiben, während andere mit viel weniger Erreichtem schon meinen, sie müssten mit dem „Fußvolk“ nicht kommunizieren?“
Mike: „Hmm. Ist auch schwierig zu sagen. Ich versuche mich immer selber zu analysieren, ist aber nicht einfach wenn man es selber macht. Ich denke bei mir hat es zwei Gründe.
Nummer 1: Mein Alter. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich 20 wäre. Ich war fast 40 als es losging bei mir. Ich sehe das ganze Business völlig anders. Ich habe 20 Jahre gearbeitet, 20 Jahre ein Lied nach dem anderen komponiert, geschrieben, ich habe einen ganz anderen Blick darauf. Da stellt man sich dann nicht einfach so hin und sagt „so, jetzt zeige ich es euch allen, ich bin der größte und beste“. Ich weiß, was alles dahinter steht.
Nummer 2: Erziehung und Charakter. Ich komme aus einem ganz normalen Haushalt. Meine Familie und ich, wir hatten ein knappes Leben. Einen Schwarz-Weiß-Fernseher, lange Zeit kein Auto, wir hatten fast nichts. Irgendwann eine mittelmäßige Wohnung mit mageren Möbeln drin für die ganze Familie. Dann habe ich mir alles irgendwann aufgebaut. Ich habe nichts geschenkt gekriegt. Ich denke es spielt auch eine Rolle. Man denkt sich, wow, es sind Leute da, die haben Eintritt bezahlt, um mich zu sehen. Ich freue mich dann auch extrem! Heißt aber lange nicht, dass ich mich wie ein Arschloch benehmen muss. Ich muss dazu aber auch eine Anekdote erzählen:
Am Anfang, als ich 38-39 war, ging es los, ausverkaufte Hallen, große Plakate, Menschen, die Autogramme wollen… Irgendwann dann, nach so 2-3 Jahren kam auf einmal der Moment, wo ich plötzlich das Gefühl hatte, dass ich besser als die Anderen hier bin. Das wurde mir bewusst, und das ist die eigentliche Anekdote, ich war vor 2 Monaten in einem Club in der Schweiz. Da spiele ich seit 8-9 Jahren mindestens 2 mal im Jahr. Dann kam auf einmal der Resident DJ nach dem Auftritt zu mir und sagt: „Mike, war super, ich bin froh, dass du endlich wieder normal bist.“ Das war komisch, ich dachte eigentlich wir wären immer entspannt miteinander gewesen. Aber der Resident sagte mir: „Vor 8 Jahren warst du noch cool, hast mit uns getrunken usw… aber dann kam der Moment, du bist hier reingekommen, hast dich aufgeführt, wolltest das, das, das, nur rumgemotzt. Jetzt bist du wieder cool.“ Ich bin ihm extrem dankbar, dass er es mir gesagt hat. Außer ihm sagte es mir bisher keiner. Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht. Habe viel mit meinem Tourmanager gesprochen. Daher bin ich auch vorsichtiger, wenn ich sage „ich bin bodenständig“. Ich war wohl auch nicht immer so. Ich sage mir immer, ich muss mich weiterhin anstrengen. Ich kriege nichts geschenkt und es bleibt nicht die nächsten 20-30 Jahre so. Ausführlich, sorry.“
Igor: „Mike, warum zwei weiße Katzen? Warum ausgerechnet zwei, warum ausgerechnet weiße, warum ausgerechnet Katzen?“
Mike: „Ok, fangen wir von hinten an: Ich bin kein Hundemensch. Ich liebe Katzen. Meine Freundin hat einen Hund, der ist aber so klein wie eine Katze, damit habe ich mich abgefunden. *lacht* Ich denke dann einfach immer, es ist eine Katze. Meine Mutter war ein Katzennarr, wir hatten immer Katzen zuhause. Den Rest meines Lebens könnte ich mit 10 Katzen in meinem Haus verbringen.
Warum zwei? Eigentlich wollte ich immer eine. Ich bin aber so oft unterwegs, ist schwierig mit Füttern etc. In Slowenien, wo meine Freundin herkommt, saß an der Landstraße einfach eine weiße Katze. Die war abgemagert, komplett schmutzig, sah sehr schlecht aus. Selbst meine Freundin, die keine Katzen mag, sie sagte „komm, wir bringen die wenigstens zum Tierarzt“. Wir haben sie mitgenommen, zum Tierarzt gebracht und irgendwie haben wir uns dann connected. Wahrscheinlich hat sie gespürt, dass ich Katzen liebe. Ich sagte dann zu meiner Freundin: Wir machen jetzt den ultimativen Test: Wir gehen raus aus dem Haus und setzen sie auf den Boden. Wenn sie wegrennt ist sie weg, ich will sie nicht festhalten. Wenn sie aber zu mir kommt, dann nehme ich sie mit in die Schweiz. Was passiert? Die springt mir sofort auf die Schulter. Da war mir klar, ich nehme sie mit.
Die zweite ist aus Kroatien, die haben wir auch auf der Straße als Baby gefunden. Konnten die dann auch nicht einfach da lassen.“
Igor: „Die allerletzte Frage ist ein Klassiker. Collab bro?“
Mike: „Ich bin grundsätzlich für Collabs offen, sollte man heutzutage auch sein. Für mich muss es einfach musikalisch zusammen passen. Techno würde ich nicht machen. Es sollte natürlich etwas sein, wo es Sinn macht, mit Mike Candys zu kombinieren. Von uns beiden müssen Elemente da sein, die herausstechen. Es muss der Stil des einen sein, aber auch der Stil des Mike Candys vorhanden sein. Sonst bringt es nichts. Ich bekomme sehr viele Anfragen, es ist schwierig, wenn es produktionstechnisch nicht auf dem selben Level ist. Man kann mir Demos schicken, die sollten auch gemastert sein. Sollte auch halbwegs fertig klingen.“
Enthält Produktplatzierungen